Mitteldistanz der anderen Art, Olympus Man O3 | 06. Nov 2021

Es gibt einige Wettkämpfe, die auf meiner persönlichen Bucket-List stehen. Einer davon ist mein Heimat-Race auf Zypern, der Olympus Man O3. Der Olympus Man O3 ist kein normaler Mitteldistanz-Triathlon, dieser ist eher als Adventure Race zu sehen. Das O3 steht für die ca. 3.000 hm die man bewältigen muss. Das Format ist sehr speziell aber unglaublich schön: 1,9 km Schwimmen im kristallklaren Wasser bei Sonnenaufgang mit Fischen und Schildkröten (hab leider keine gesehen an dem Tag) an einem Pier mit Palmen („Kona Light“), dann ein 84 km Bergzeitfahren (ca. 2.500 hm) vom Meer auf dem höchsten Punkt der Insel durch malerische Dörfer, unbefahrene Straßen und dann abschließend ein 21 km Trail-Lauf hoch und runter rund um die Bergspitze mit knapp 500 hm. Die Veranstaltung ist klein aber sehr international: 14 Nationen, ca. 100 Teilnehmer, einige Staffeln. Klingt schon mal nach was, wo man sich drauf hätte vorbereiten müssen.

Vorbereitung: na ja, minimalistisch musste es sein. 3 Monate sollten reichen, 6-7 h Sport die Woche mussten genug sein (wissend, dass selbst die Schnellsten bei diesem Rennen ca. 6 h Finisherzeit benötigen). Aus familiären Gründen und Arbeit leider wie immer unstrukturiert. Mit ca. 1x pro Woche Schwimmen wieder angefangen, von Ackes beim Sonntags-Lauf quälen lassen und Tobi, Javier, Rainer und Simon genötigt, ein paar längere Rad-Ausfahrten mit mir zu ertragen. Dazu ein bisschen Zwift, „passt scho“.  Gleich noch den Urlaub mit der Familie auf die Insel gebucht, Leihrad organisiert (neue Reifen drauf, ganz wichtig bei Leihrädern in Zypern), Wetter passt eh immer auf Zypern. Top Vorbereitung!

Wie immer es kommt anders: Einen Tag vor dem Wettkampf geht mein Garmin Edge kaputt, also wird nach Gefühl gefahren, nix powerpedale oder GPS. Die Kinder beschließen, am Tag vor dem Wettkampf eine längere Wanderung, Baden, Pferdereiten und Abendveranstaltung durchzuführen, perfektes Tapern also. Passt. Der Veranstalter schreibt dann vor, dass man eine Trillerpfeife, Wärmedecke, Erste-Hilfe Kit und Taschenlampe für den Lauf dabei haben sollte (man wäre ja in den Bergen und es könnte ja was passieren). Hektisch geht noch am Vortag die Suche nach einer Wärmedecke los und einem Leih-Camelbak um das obige Gepäck zu transportieren. Geliefert wird am Vorabend in der Dorfapotheke. Super, kann los gehen.

Am Wettkampftag um 5:00: Zweifel, ob das überhaupt eine gute Idee war hier mitzumachen und warum ich nicht im Bett liegen geblieben bin. Löst sich aber sofort auf, als das Schwimmen unter der aufgehenden Sonne los geht und das warme, klare Salzwasser mich schweben lässt und unter mir Fische schwimmen. An den Füßen von ex Pros das Schwimmen abgeschlossen, dann aufs Rad die Küstenstraße Richtung Aufstieg ohne Elektronik, keine Ahnung wie schnell oder langsam ich war, wie weit ich schon gefahren bin. Einfach nur den Beinen zuhören und hoffen, dass man nicht platzt bevor man die eigentlichen Anstiege erreicht. Old School – Yes! Zum Glück kenne ich die Insel und ihre Berge ein bisschen. Immer wieder Wechsel an der Spitze, der eine oder andere platzt an den letzten Anstiegen Richtung Gipfel, ich versuche möglichst konservativ die Anstiege hoch zu fahren, was mir in der Regel schwer fällt (gell Tobi?) aber heute die richtige Wahl sein sollte. Ein paar ambitionierte Kona-Qualifikanten-Aspiranten und Hawaii-Teilnahme-Rekordhalter fahren die letzten km noch an mir vorbei in die zweite Wechselzone in der Nähe des Gipfels. Beine sind etwas müde aber was soll’s. Was folgte, war der Schönste aber auch gleichzeitig mental schwierigste Lauf in einem Triathlon, den ich je gemacht habe. Atemberaubende Aussichten rund um den Gipfel des Olympus auf die ganze Insel und das Mittelmeer, bei denen man eher anhalten sollte um Fotos zu machen. Andererseits, kein flacher Meter, überall große Steine, Felsenstufen und sehr schmale abgesetzte Pfade wo ein falscher Tritt einen Sturz in die Tiefe bedeuten könnte. Also wurde es eher ein Lauf für den Kopf („nicht Stolpern, nicht Fallen“) als einer für die eh schon müden Beine. Ab und an mal gewandert oder gestoppt und nach dem Weg gefragt aber ansonsten sehr froh, den Trail heil überstanden zu haben und Richtung Base-Camp die einzigen 20 m Straße ins Ziel laufen zu dürfen. Das Motto des O3 Wettkampfs war „Do you have what it takes?“: klares Ja, alle anderen Finisher hatten auch die Begeisterung ins Gesicht geschrieben, diese anspruchsvolle, aber wundervolle Strecke erlebt zu haben und zu finishen. Es war nie ein Rennen oder Wettkampf, viel mehr ein tolles Abenteuer, welches ich jedem empfehlen würde (sofern er Schwindelfrei ist).

Yiannis Kyriakou

Ergebnis: 6 h 14min, Platz 5. Gesamt, 3. AK 40-45.

Vorberichte und Links für Interessenten (muss ja ein bisschen Werbung für meine Heimat machen):

https://www.activatecyprus.com/o3-olympusman-half-distance

https://www.youtube.com/watch?v=m3sTXPXfa3c

Images: private, facebook „OlympusMan O3”.