Ironman Hamburg 02.06.2024 | 02. Jun 2024
Hurra Ironman geschafft! Jetzt kommt das Tri-Event meines Lebens!
… unglaublich, ich habe nur noch den letzten Kilometer vor mir! Überall ist es laut, gute Stimmung! Die Kinder an der Strecke strecken ihre Hände aus, damit ich sie mit High five abklatschen kann. Zuschauer lesen meinen Namen auf meiner Startnummer und feuern mich an: „Go Oscar, fast geschafft!“. Ich fühle mich stark und erhöhe mein Tempo. Nach ein paar Minuten nehme ich die letzte Kurve und sehe das Ziel in 300 m Entfernung. Der Lärm nimmt zu und damit auch meine Energie. Ich fange an, von einer Seite zur anderen zu schauen, um meine Familie zu sehen. 30 Meter vor dem Ziel betrete ich den roten Teppich und höre durch die Lautsprecher: „Oscar Calderon, this is your first time! You can ring the bell! YOU ARE AN IRONMAN!“. Ich bin so aufgeregt, dass ich sowohl die Glocke als auch meine Familie übersehe. Dafür schaue ich in den Himmel und überquere endlich nach 10h:48m die Ziellinie.
Mein sofortiger Gedanke: Jetzt bin ich bereit für das Tri-Event meines Lebens! Was ???
Sieben Monate zuvor: Meine Frau Wiebke und ich sind überglücklich. Bestätigt, sie ist schwanger – unser drittes Kind ist unterwegs. Das wird das Tri-Event meines Lebens!
Ein paar Tage später denke ich darüber nach, dass ich eines Tages eine Langdistanz schaffen möchte. Also, jetzt oder nie. Die Familie stimmt zu und die Entscheidung fällt mir leicht, es muss in Hamburg sein. Dort, wo ich viele Jahre gelebt habe, wo Wiebke und ich uns kennengelernt und geheiratet haben. Zu guter Letzt habe ich damals bei einer Firma namens Hamburg Süd gearbeitet und die Welt bereist.
Ich definiere mein erstes Ziel: Das Wichtigste ist Ankommen! Nach mehreren Monaten Training definiere ich mein zweites Ziel: Ich möchte beim Marathon nicht leiden, sondern ihn genießen!
Ich lerne, dass einer der größten Unterschiede bei der Langdistanz die Kunst des Essens während des Wettkampfes ist. Daraus folgt mein drittes Ziel: Ich werde es ohne Energy-Gels schaffen!
Gott sei Dank läuft in den letzten Trainingsmonaten alles gut. Ich erkranke nicht ernsthaft und erleide keine Verletzungen. Als die letzte Woche vor dem Wettkampf endlich beginnt, reisen meine Familie und ich nach Hamburg, besuchen Freunde und mein Fanclub entsteht :-). Letzter Tag vor dem Wettkampf: wir genießen die Atmosphäre am Jungfernstieg, geben das Fahrrad in der Wechselzone ab und am Abend koche ich bei meinen Freunden viele Kartoffeln mit Salz, die ich als Verpflegung geplant habe. Abends geht‘s ins Hotel, um uns auszuruhen.
Endlich Sonntag, 02.06.2024, der Wecker klingelt um 4:30 Uhr. Ich bin froh, dass ich gut geschlafen habe. Jetzt viel Reis und Avocado mit Salz essen. Meine Familie steht auf und wir gehen.
Wettkampfstart ist um 6:50 Uhr. Das Schwimmen in der Alster im Herzen Hamburgs motiviert mich sehr. Raus aus dem Wasser und Lauf in die ewig lange Wechselzone, sie ist fast 800 m lang! Dann fahre ich mit dem Rennrad raus aus der Innenstadt, bewege meine Beine und habe nun Zeit meine Kartoffeln zu genießen ;-). Meine große Angst war das Radfahren, da es für mich wegen der langen Dauer, die am Schwierigsten zu trainierende Disziplin ist. Die Strecke Elbchausee, Hafen und dann bis nach Bergedorf ist ewig lang, aber nach zwei Runden habe ich es geschafft. Zurück zur Wechselzone und ab in die Laufschuhe. Die Reeperbahn-Stimmung ist an die Alster umgezogen, jetzt kann die Party beginnen!
Der ersten Kilometer bin ich unglaublich aufgeregt. Das Laufen an der Alster erfüllt mich mit so viel Adrenalin, dass ich fast vor Rührung weinen muss und dabei singe: „I feel good…, I feel good…“. Dann kommen meine Familie und Freunde in Sicht. Ich stoppe, um meine Kinder und meine Frau zu begrüßen und allen dafür zu danken, dass sie mich an diesem einmaligen Tag begleiten, und machen wir uns das beigefügte Foto! Die Laufstrecke besteht aus 4 Runden und bietet so die Möglichkeit, sich jedes Mal zu sehen. Unterwegs von so vielen Zuschauern unterstützt zu werden, ist super motivierend. Nach 10 km merke ich, dass ich viel schneller laufe, als ich geplant hatte. Ich möchte kein Risiko eingehen, meine definierten Ziele sind wichtiger als ein paar Minuten und deshalb reduziere ich mein Tempo. Bei Kilometer 25 beginnt die geistige Erschöpfung und ich frage mich, wann ich endlich ins Ziel komme. Meine Motivation ist auf dem Tiefpunkt und ab jetzt heißt es durchhalten– bis ich endlich den letzten Kilometer erreiche.
Und wer diese lange Geschichte bis hierher gelesen hat, kennt bereits das Ende
Oscar C.
PS: Die Aufregung an diesem Tag war so groß, dass ich weiter feiern wollte. Ich brachte meine Kids zum Schlafen ins Hotel, um dann zurück zur Ziellinie auf den Rathausplatz zu gehen. Ich wollte immer die Ankunft der letzten Krieger sehen und sie anfeuern. Die Stimmung bei der Ankunft der letzten Läufer ist eine großartige Party! Um 23 Uhr wurde die Hamburg-Hymne gesunden und erst dann war Schluss!
PS2: Am nächsten Abend feierten wir wieder in Erlangen beim TBE Triathlon – Stammtisch. Mein großer Dank geht an diese Gruppe, die mich all die Wochen sehr motiviert hat. Bei leckerem Essen erzähle ich die gleiche Geschichte, die ihr gerade gelesen habt.